Activate Javascript or update your browser for the full Digital Library experience.
Previous Page
–
Next Page
OCR
443
Waffer, fo quillt fie anf und wird weid, die Hille wird
gefprengt, und ¢8 theilt fic) die Bohne in zwei gleidje
Halften. Bwijden dtejen Leiden fleifchigen Lappen erbli-
cen wir eit {eine pflanslidhes Gebilde, weldjes aus ciner
unteren und vberen Partie befteht. Die untere, die Wuryel,
wast nad) der Tiefe, die obere Hedt fic) allmiilig in die
HHe und trigt an dev Spike einige fleine, zujammen-
Gefaltene, gelbgriinlide Blattchen. Es ijt das Stimmajen
oder dev Stengel der Pflange. Das Ganze nennen wir
RKeimpflangdhen. Diefes, zur jpdteren Bohnenftaude her=
anwadfende Reimpflingdjen fteigt aber nicht etwa fo ohne
weitere, wie Durd) eit Bauberwort, aus der Bohne hervor,
fo dak man annefmen miifte, in diejem WAugenblice haben
wir nod) eine Bohne vor ung, nad) weniger Augenblicten
dev Waffereinwirfung aber verwandelt fie fich theilweife in
cine Pflanze, fonder in dev Bohne jtect, jobald fie als
reife Frudjt die miitterlide Pylanze verlajfen hat, ein
Keim. Diejer Keir ift das oben hefejriebene Reimpfliing=
her gleichjant im Keinen und bejikt dDemnac) genau dene
felben Bau und diefelbe Wnordiuung der Theile, wie diefes,
nadmlid) einen unteren, die Wurgzel, und einen oberen, den
Stengel, freilic) i fo winzigen Dimenjionen , da’ man
in der Halbirter Bohne jie faum entdect. Durd) das
Aufquellen der Frucht und Springen dev Kapfel ift dev
Keim in Freiheit gejebt. Bom find dadurch die Bedine
gungen gegeben, fic) aus feinem bisherigen Merfer gu ere
heben und jelbftindig voranzubildet, indent einerfeits das
woblthitige Xageslidjt cimtwirft, andeverjeits die Wurzel
fich immer mehr in den Boden jenfer amd fo Nahrung
aug demfelben fic) fuchen und aufnehmen fann,
Damit aber der Kerker fic) dem Reime Hffne und er
fidh regen forme, ift Wire und cine gewiffe Feudhtigfeit
nodthig, was ja aud) fehr Leicht evflarlic) ijt. Feuchtigfeit
ift ndthig, damit die Hille fich Ldfe, wie dies an dev
Bohne oben gezeigt wurde; Wiirme, damit dev Keim fic)
firecfe und gur Reimpflanze werde. Nidjts Lebendes fann
opne Warme beftehen, viel weniger fich entwiceln, Treten
Diefe Bedingungen nicht cin, dann bleibt der Game, was
ev war: Game, und entwicfelt fic) nicht gu einent nenen
Sndividuum ; aber wunderbarer Weije behilt ex feine Cigen=
fhaften oft Taufende von Sabrent bei. Go jah man nocd)
Getreidefirner zu Halmen anffdiesen, die an 2000 Sabre
in Mumiengrabern, von Luft und Feudhtigfeit abgefdploffen,
fagen und deshalb gleichjam jfdjeintodt blicben, bi3 ihnen
Die von Der Natur geforderten Bedingungen gereidht wurden.
Samen, dev lange Beit getrodnet in Pflanzenfammhungen
aufbewahrt wurde, bleibt nod) lebendig. Sm WUlgemeinen
ift die Keimfahighit de3 Gamens eine eminent anbaltende.
Sa, viele Sortet von Gamen find iiberhaupt erft nach
einer getiffen Beit feimfihig. Die RNegel bildet c3, dafy
dev Same den Winter iiber unter der Sehnecdecte fehlajt,
um im Friihlinge fic) gu reget und 3 wader.
Die lange Dauner der Gamenfraft und ihre Bihigheit
ijt file die Natur von unberedjenbarem Mugen. Der weitaus
grdfte Theil der Pylangenwelt wire auf den Wusfterbe-
Etat gefest, oder beffer gejagt, ware tiberhaupt nidjt vor-
Handen, wenn der Samen furze Zeit, nadjdent er fic)
vom miitterlidjen Leibe getvennt hat, jfeine Reimfabigteit
verlicren wiirde. Denn follten die Pflanzenfpezics fiir die
Zufunft erhalten bleiben, fo miifte der Gamen fdjnelf
Denjenigen Bedingungen unterzogern werden, die ihm ge-
ftatteten, fic) gu einem Pflangzdhen yu entwideln. Bedentt
Man num, day durchfehnittlid) wohl die Frudhtreife in den
Herbjt fallt, fo bliebe nur die frye Beit des Herbjtes
iibrig ,_ weldje dem jungen Pfldnzdjen fein Wadjsthune
oder fein Leben ermiglidjten. Der hereinbrecjende Winter
wiirde aber fejnell das jumge Leben ertddten, ehe 8 fo ”
frajtig geworden, den Stiirmen ju trogen; und fomit
Hatten wir feine Méoglidhfeit, die Erhaltung dev Merten zu
bewerfftelligen. Mit um fo grdferer Ehefurdt miifjen
wir daher die vorjorglide GCinridhtung de3 Sdhdpfers
bewundern, dap, wihrend die Planze vom falten Handje
dev Herbjiftiirme gefnict wird, ihr Game ruhig unter
dem Sepnee johlummert, um int Friihjahre von der Sonne
gum Leben erwect zu werden und neue Vegetation her-
porzurufert.
Wir Heben oben erwahnt, dajy dev Keim -fieh nad}
Erdffuung der Bohne nad unter als Wuryel, nad) oben
al3 Stengel dev Keimpffanze augeinander dehnt. Warum
widhst mun die Wurzel in die Tiefe, und warum firebt
dex Stamm nach der Hdhe? Sicherfidh ijt aud) dies durch
eit Naturgefels geregelt und nicht reine Willfiiy der Natur.
Die Erflarung liegt in Folgendem: jeder Korper, felbjt
Dev feinfte und Leichtejte, wie 3. B. cine Feder, hat Schwere,
d. bh. ex fallt sur Erde, fobald ex in die Hihe gehoben
feiner Unterftiigung Gevaubt wird. Diefem Gefege folgen
aud die Bellen, aus denen da3 junge Wiirzelchen 3u-
fammengejebt ijt, - Wie weid) gewordener Siegelfadk fid
nach unten biegt und Xropfen um Tropfen fic) Losldfen
und zur Erde finfen, fo biegen fic) ebenfalls die Sellen,
weldje nod) weid) und faft fliijjig find, mac) unten und
fictern gfeicifam in die Erde Hincin, GSpéiter erjt ver-
Didhtet fic) dev gujammenhingende Strom der weider
Bellen zu den meift Holsharten Wurgelnr.
Seltjamerweije ijt ¢3 auc) das Gefe der Schwere,
weldhes das Stammehen giwingt in die Hohe zu wachfen.
Die Erfenntnify diefer Thatfade ift fajon Lange verbreitet,
aber det Berweis dafiiv in iiberzengender Weife durch) cin
Grperiment gelicfert 3u Haben, das verdanfer wir erjt in
jiingjter Zeit IN. Traube, dem Bruder de3 im vorigen
Sabre verftorbenen beriihmten Berliner Mrzte3. Bon
Dicfem Experimente, weldhes Hier 3u wiederbolen nidjt der
Ort ift, fet nur Folgende3 erwahnt. Die weiden Bellen
Des StengelS beftehen ja, wie fid) der freundliche Lefer
ag meinen fritheren Waffage erinnern wird, aus ciner
Bellhiille und einem ffiiffigen Inhalte. Die ganze Belle
form nicht, wie die der Wurzel, mad) der Tiefe finfer,
da cin Unterftithungspuntt im Reime felbjt gegeben ift.
Aber die feftere Theile de fliiffige Bellinhaltes fenfer
fich anf den Boden der Belle nicder und° verftdrfer Hier
Die Bellwwand. Wiihrend die untere Partie derfelben alfo
fefter und didjter wird, bleibt die obere Partie diinn wie
friier. Steigt mun durd) die Wurzel neue Nahrung in
Die Hohe zur Belle, fo fan diefelbe nur durd) den oberen
Diinneren Theil der Wand in die Belle cindringen, den
Snhalt vermehren und die Belle fo ausdehnen. Die Muse
dehrung fam aber nur nad) oben vor fic) gehen, da die
untere Partie der Zellwand feft geworden ijt, walrend
Die obere fic) weid) und auadehnungsfahig erhielt. Das
Refultat de ganzen Vorganges ift ci Wadhethum nad
ober. Go fehen wir, wie der Hohe Schipfingsgedanke mit
cinem und demfelben Gefege fo Verfdiedencs erreidjen farn.
VBetradten wir die Entwidhing de Keimpflangdjens
weiter. Die Wurzel dringt immer tiefer in das Crdveidy
cin, den mehr weideren Echicjter desfelben folgend, wird
Dicer und fefter und fendet Nebenwiirzeldjen aus, die fd)
im Unmftcife dev Hauptwrirzel- verbreiten. Wie die Wrme
eines Polyper, fucjet fie der Boden ab nad Nahrung.