Activate Javascript or update your browser for the full Digital Library experience.
Previous Page
–
Next Page
OCR
206
ber reide ,,Schmalztoni” mit feiner Heinen Todjter Chriftel
und im ,Sdjloffe” wohnte der ,Sdlobhopper” mit jeinem
Sohne Sir (Girtus),. Der Sdhmalztoni hatte diefen
“, Namen, weil ee einmal gefagt, fein Hof -fet wie ein
Sdmalshafen, der nie Leer werde; der ,,Schlophopper“
aber hatte feinen Namen von einer traurigen Veranlafjung,
die wir erziblen miiffen. Der Unfang unferer. Gefdidhte
fallt in einen Zeitpuntt, der viele Jahre guriidliegt, wo
der Toni aljo nod). nidjt Sehmalztoni war und der
SHlophopper anders Hieb. SdjloBhopper und Sdjmaly-
toni waren Briider, Stiefbriider freilid) nur und redjte
Stiefbriider, wie man allgemein fagte. Der Sdlofhopper
war der Wltere und alfo der muthmaflide Ooferbe, wih-
rend der jiingere Gtieforuder aus dev gweiten Che des
VaterS der VBeiden fid) mit einer Whfindungsjumme hatte
begniigen miiffen ,von Gott’s- und RedhtSwegen.” Wher
bas fam anders.
»Brofi” (Ambrofius), fo hieb der fpatere ,, Schlop-
hopper”, war ein ganz fonderbarer Menfdj. Er hatte
weit Hervorquellende Mugen, die jedem Menfdjen bis in
die Seele zu dringen fdjienen, einen nadjlaffigen Gang
und iiberhaupt ,,gar nidts von einem Bauer“, wie allge=
mein behauptet twurbde.
Er wufte fid) bei Vater und Stiefmutter gar nicht
geltend- gu madjen, gab fic) aud) feine Miihe dazu und
{lenderte fo ,,finnirend”. durd’s Leben, bis er adjt-
undjwanzig Sabre alt wurde, Bis dahin hatte er nichts
gethan al8 feine Tagezarbeit. Whends aber las er immer
alle migliden Biider und alte Gfdjriften”, befonders
gern aber in der alten Hausbibel, die immer auf dem
Gefim3 Tag und gang fejwarz und vergriffen tar vom
vielen Gebraud, Brofi wufte alle migliden Bibelftellen
auswendig und belegte feine feltenen Uusjpriidhe gewshnlich
mit befonders fraftigen Stellen, obtwohl die Eltern und
befonders der Bruder e8 Hid[t einfaltig fanden.
Der Bater -fajiittelte oft den graven Kopf bet dem
feltjamen Gebabren feined Erftgebornen, der fo ganz
ander3 war als andere ,,Chriftenmenfdjen”, und wiinjdjte
oft, der Tont modjte alter jein, dab er diefem den Hof
geben tonnte. Wlter war mun diefer freilid) nidt, aber
ngedeider” nad) feiner WUrt, denn er fudjte den Trau-
met tiberall audzuftedjen und ihm cin Geheit gwifden
die Fife gu werfer.” Und-e8 gelang ifm, denn er
fonnte reden und arbeiten, wahrend Brofi nur finniven
und Lefen fonnte. €8 ging bergab mit dem Lekteren in
der Gunjt der Gltern, die der Siingere mit taujend
Ranten umfpann.. Er hatte qut machen, denn feine
Mutter lebte ja nod) — und dah eine energifde Mutter
mehr vermag alZ ein fajwadjer Vater, das ift eine alte
Milde,” wie die Leute fagen. Wher den Hals brad er
fich eigentlic) von felbjt, dev Broji, weil er e& wagte,
fich in eine ,,Bettlerin“ gu verlieben.
Die ,,Vettlerin” war eigentlich) eine fleibige Nabterin,
die fic) ,redt und fojledt“ durch’s Leben gwirnte, aber
in’ det Augen der Hofleute vom alten Haufe war eben
jedeS Menfdjenfind ein Bettler, da8 von der TageSarbeit
lebte und nit liegende Griinde und Rapitalien befag.
Die Nahterliefe war ein herziges Madden, _,,blut-
jung und bildfauber,” aber auc) blutarm, und da8 war
ein Schatten, der auch eine ftrahlendere Gonne verdunz
felt Hatte. Und Gonnen hatte fie. dod) zwei, namlid
guvel Hervlicje fcjelmifdje Augen, in deren Feuer Brofi’s
Blide fis) verloren. .
Broft wollte die Liefe Heivathen — das .,,miferable
Gefahopf” Heirather. Gab das ein Toben von Seiten
de3 Vaters und ein Hohnifdes. Bifdeln von Seiten der
Mutter und de Stieforuder$, der fojon da. Feuer
fdiirte, in dem fein ,Gdmal;” brodeln follte. Uber
Brofi_ ging fiegreid) aus dem Kampfe Hervor, injofern
fiegreich, alS er die ,,Qinterliftige Perfon” gewann, aber
feine Heimath und die Seinen verlor. ,,€ntweder mare
Hirft Du aus dem Haufe oder Ou Tat von dem nidjtg-
nubigen Gefdhopf,” Hies die tategorijde Entihetdung deg
unterminirten BaterS, deffen Zorn gu redjter Beit fiir
die Mutter und Toni losbrad).
Und Brofi verfies da8 Haus, mit einigen hundert
Gulden und taujend Fliiden beladen, 30g mit jeiner
Erwahlten in ein fernes Dorf, wo er ein fleines Padht-
gut bewirthfdaftete und die Bettlerin gum Weibe nahm,
Dort verfdjoll er auf Lange.
Sm alten Haufe ertwadte jebt ein neues Leben und
Toni pfiff und fang den ganzen Tag und die Mutter
nidte heiter dazu. €8 madte fid) Wes wie von felbft
und der Vater gab dem Treugebliebenen nad ein paar
Sahren den Hof. Er hatte ja oft genug Ton’s Sdhmei-
Helreden gehirt, die immer mit dem Sage fdlofen: She
feid ein gejdjeider Mann, Bater, das fagt die ganze ~
Gegend,. die Leute allum Loben Cud) ,iiber den Sahellen-
fonig” und fdimpfern iiber den Tagdieb, der fo viel
Sande iiber uns gebradt Hat. Wher Ahr Habt dem
Xrodler Heimgesiindet und fennt Cure Leute. Ja) hab’
meiner Lebtage nidt gewupt, was Shr fiir ein WAusbund
von Gefdeidheit feid. Dem Lumpen aber gefdieht e8
gang rect, er hat nod) mehr verdient mit feinem Wherwik !“
Das jog, denn der Vater glaubte fajlieBlid) felbft,
dag er cin Aushund von Weisheit fei, und gab alfo
tidtig. dem ,braven” Toni den Hof, feinem Weibe aber
bald daS Tebte Weihwafjer, denn fie ftarb ploplich an
einem ,Sclagle” und fah nidjt mehr viel von der neuen
Herrlichfeit.
Die nene Herrlicjfeit erhielt eine Rrone in der Frau,
die dex. Toni. mit feiner Werbung hegliidte. Er nahm
Diejenige, die ,am meiften tog", und -griindete fo den
hausliden Herd, von dem er aber fogleid) den Vater
in dad Ausdingftiibdjen verwies, wo, er fic) mit feinen
Gedanten unterhalten. fonnte: ex war ja ,ein WUWusbund
pon Gefdeidfeit.” Der Alte nam. nicjts mit als die
alte Hausbibel und fand, dort mande Stelle, die von
der Vergiinglidfeit alles Yrdijfdjen und von der Undant-
barfeit der Welt. erzahlte, die er bald genug bitter zu
‘foften befam.
Die junge Frau Half dem Manne getrenlid) in der
Verhshnung de3 alten Narren“, wie ifm Toni hinter
feinem Riicten titulirte, und reidjte ifm die Kojt fo fparlid
und den Trunk fo Helle, dak der Bauer gufammenfiel
wie ein Rartenhaus und fein Haar fid) im vorgeitigen
Herbfte bleichte. Cr hatte, wie fo viele Biter, bem Sohne
Ulles gegeden und wollte feine alten Tage im SGegen der
Rindesliebe Hinbringen. Die alten Tage famen, aber
die Liebe Herbftete noch balder ab als. das Leben, und
der Vater hatte als Frudjt der Lebensarbeit ein farges
Brod, gewiir3t von Stidelreden de3 Sones und der
SAHwiegertodter und pon Xhriinen, die er iiber feine
Verblendung weinte. Seine lebte Baarfdaft hatte ec
iiberdied gu einem ,,Gftift” verwendet, denn er hatte dem
alten halbzerfallenen Sdloffe jenen Kapellenbau angefiigt,
der fo frijd) Hervorwud3 aus dem grauen-Gemauer, das
tie seine Sreusfpinne dem alten Haufe gegeniiber fap.