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Cante Dina.
Aus dem Holltindifden nad J. J. Cremer von Friedrich Sc§nettler.
(Gortjegung und Sddjlug.)
Je BS Jas Heu war cingefahren und and der Roggen
Se> und Weizen lag fon zum griften Theil unter
dem Sdhubdade der beidenr Kornfdjenern auf
dem Hofe. Heute follten die legten Fuder
Weigen. geholt werden, und da e§ mit Regen. drohte,
waren beide Gefpanne, dev grofe Leiterwagen und der
Bauernwagen, fpdt am Nachmittage nodmals-auf’s Feld
gefahren. Geurt fom guerft mit einem pradtigen GFuder
goldgelben Weizens guriicé und. fagte der Biuerin, dah
Paul ihm Hattie aufladen Helfen und daher woh! erft in
einer halben Stunde mit dem lesten Refte anfommen wiirde.
Nutr, das Tehte Fuder war unterwegs und oben auf -
demnfelben prangte ein grofer Weidenbujd, gum ZBeiden,
Dak die Ernte gliiclic) beendigt war. Born anf dem
Wagenfike jak Paul und lies die frijchen Pferde, weldje
Tante Dina im Friihjahr gefauft Hatte, tiidhtig antreter,
Dent e3 wurde Joon allgemacd dunfel, und. er fowobhl
wie Aennden, die auf dem Felde riiftiq aufgeladen. hatte
und jet neben ifm fag, verlangte nad) dem Reisbrei
mit Pfannefuden, den Tante Dina fertig machen wollte,
went Der ,Oakelmai” gliidlic) unter Dad) wire,
nounge, Sunge, Yangjam!” fagte Wennden, _,,die
PFferde gehen viel zu rafch.“
Wenn Du. bange ijt, will id) etwas Yangjamer
geben. Laffer," antwortete Paul und ridhtete ‘einen’ fra-
genden Blick auf da3 Madden.
/Bange, bange! Mein, bange bin id) durdhaus nidt,
Paul, das weifft Du wohl,” verjeste das Madden,
,aber eS ijt junges Blut, was Du da vor dem Wagen
Haft, und darunt greife nur feft in die Biigel 1“
,Gerade alS ob id) nit fahren fonnie,” meinte
Paul. Den mal an vorigen Winter, Aennden; weift
Du, wo id) Dich von Emmingen abholte.”
v8 e3 fo dunfel war wie im Sad,” ergingte das
Madden.
lind fo glatt auf dem Deide, dak weder Sdraube
nod) Hemmjchuh Helfer fornte and die alten Pferde, die
abjdeulic) fteif in den Beinen waren, jeden WAugenblict
ausglitten,“ ‘
yOul” fagte Aenndjen und grufelte nod: davon,
wenn fie dara dadte.
/ Weift Du, wo Dw mich vor Wngft fo oft in den
Qem getniffen halt?” — necte Pant.
via, ob ic) e3 nod) weifs!” antwortete Mennden.
yUnd was. befam id da, alS. id) Dich Heil und
gejund abgeliefert hatte?” fragte Paul fdalfhaft.
v Paul, fieh’? die Pferde! Was der Braune die
Obhren fpigt!”
vlnd was befomme ic) Heute, wenn id) Did) ohne
Ungliie nad)-dem Stordneft bringe 2”
/ deeisbret_ und Pfannefuden von Tante Dina, he
be He!” Yadjte bas Madden.
_ eBSarte nur, Du..." rief Paul, aber. plsglich
fiblte ev, da das Madden ihn. ungeftiim in den em
thiff, und fah, dab die Pferde fajeu die Obhren fpisten
Und nicht mefe voran wollten; und als er fie mit einem
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refoluten Peitfhenfdlage zur Vernunft bringen wollte, °
fprangen fie gur Seite und baumten fic) wild in die
Hohe. Was ev auch that, fie wichen zuriicé, und wahrend
Nennden fajrie und fid) an Paul anklammerte, bradjten
Die fxeuen Pferde den johwer beladenen MWagen. immer
naher und na&her an den Rand de3 tiefen Waffergrabens
neben dem Wege. Noch einen Mugenblid& — und Wagen
und Pferde rollten den Whhang Hinunter; dod) al8 Paul
gerade herabfpringen und dem Gefpann in die Biigel
gueijen wollte, filhlten jie einen heftigen Stoh; der Hin-
terwagen hatte fic) gum Gliice vor einer dicen Ropfe
weide am Rande de3 Grabens fejtgefagren. Paul und
Nennden fprangen. nun ‘afd vom Wagen; Paul griff
die Pferde beim RKopfe und Z0g jie voran, als Wenndjen
ploglic) Gngitlic) ausrief:
»Oalt, Paul, halt!
den Weg."
Nachdem Parl mit vieler Mithe die Pferde zur Rue
gebradt hatte, bat er Wennden, rubig bei denjelben ftehen
gu bleiben, damit ev nad) dem Gegenftande fehen finne,
vor dem die Pferde gefdeut Hatten. E38 war wwirklid
ein Mann, und obfdon Paul ihn jajiittelte und fragte,
erfolgte weder Untwort noc) fonft ein Lebenszeiden; nur
Dev widerlide Branntweingerud) zeigte ihm an, da der=
felbe nicht todt, fondern fojwer betrunfen war.
» 8 fann ibn nit wad) befommen,” fagte. Baul
adjeljudend, hob den Betrunfenen mit Mithe vom Boden
auf und trug ihn iiber den Weg auf. die andere Geite,
wo er nit iiberfabren werden und auch nidjt in’s Waffer
rollen fonnte. Darauf ging er. gu dem Wagen zuriic,
faBte die Ziigel und filhrte die Pferde an dem elenden
Trunfenbolde vorbei, vor dem felbjt die unverniinftigen
ThHiere gitterend zufammenfdauderten, Wud) Wenndjen fab
ganz dngftlid) nad) dem Manne, fo dak Paul fie fragte,
ob fie denn jebt nidt bange ware.
/Bange? — Nei, gar und durdjaus nidjt!” fagte
fie. Wher. alB. fie wieder neben Paul vorn auf dem
Wagenfise fap, jah fie Leftindig auf den Weg vor den
Pferden, ob. nicht wieder eit Mann im Geleife lage,
und wenn die Bferde die Ohren fpibten, Hatte fie Paul
gern wieder in den Wem gefniffen, unr fic) handgreiflid)
gu iiberzeugen, dap fie nicht allein war; aber fie bielt
fich wacker und endlid) war das Fuder in der Sdeune.
Nadhdem die Pferde auggefdjirrt und in den Stall
gefiifrt waren, foidte Zante Dina Paul. und Geurt
wieder guriic, um nadjufehen, ob der Trunfendold noc
auf derjelben Stelle lige. Tante Dina hatte mehr Ge-
fiibl, al8 die Leute wuften, denn fie fagte, dab der
Mann dod) nidjt fo im falten. Thaw dev Nadht da Tie
gen bleiben diixfte; ein Menfd) bleibe doch immer cin
Menfeh. Paul and Geurt follten ihn daher nur mitbringen,
wenn er tod) da Tige; fie wolle die Gdjuld nidt auf
fic) haben, da devjelbe-fich in der Nacht. vielleidjt. auf-
made und clendiglid) im Graben. ertrinfe; man finne
ihn ja Hinter der Denne in den Teeren Ziegenftall thun
und ibm ein Biindel Stroh anterlegen; dann fonne er
morgen, wenn er feine VebenSgeifter roicder bet. einander
Hiitte, weiter gieben,
Da liegt ein Kerl mitten iiber
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