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Monterey entfernt waren, fic) die Miihe nehmen wiirde,
fie gu juchen, felbjt wenn fie stvangig Perjonen vergiftet
und, ausgeraubt atten. — —
Die Polizeidireftion von Mexifo erhielt die bon Carlos
gemadte Anzeige und fandte fogleid) ihre bejten Agenten
nad) Tampico, WL diefe aber anfamen, war das Neft
leer, feine Spur fand fid) von den Berbredjern. Wlles
die gefdhah unter grofem Wuffehen und. die ffentlicjen
Blatter brachten wieder Tange Urtifel iiber ,,den fhlauen
Carlos Moro.” Sie verdffentlicjten feinen an die Po-
Tigei_gefandten Brief und fehloffen mit einer Miige, dap
die Poliget fich jo Lacherlid) gemacht und nicht eingefehen
habe, dag da8 Gange ein feiner Kniff von Carlos Moro
gerefen, um die Uufmerffamteit der Geridjte auf Tame-
pico gu lenfen, wihrend die BVerbreder Tadjend vielleidt
gerade in entgegengefester Ridtung entflohen feien.
Banega und Genoffen Lajen diefe Beridte in den
Beitungen und fdwuren, Rade an Carlos gu nehmen,
wenn fie ihn je wieder anstundfdjaften follten; sugletd)
aber Jadhten fie fhadenfroh iiber feinen miflungenen Plan.
Uuc) Carlos befam die Nachridjt zu lejfen. Das
Blatt entjant jeiner Hand und Handeringend eilte er
hinaus in’8 Freie. Tod, Selbftmord waren die Ge-
danfen, die fein Gehirn durdzucten, Da ertinte Glo-
dengeliiute von der Rathedrale pon Veracruz. Willenlos *
folgte Carlos den Rirdenbefudern und fant in einem
duntlen Winkel de3 Gotteshaujes auf die Knice. Wher
er betete nidjt, feine Ginne waren halb verwirrt, Die
tiefen Tdne der Orgel bewegten allmialig fein Gemiith —
und dann wurden dem jungen Solbdaten die Wugen feudt.
MZ nun der beriihmte Prediger Labafido die Rangel
beftieg und mit feiner volftinenden Stimme gu fpredjen
begann, da ridhtete fic) Carlos auf — jedeS Wort traf
ifn wie ein Stich in’s Herz: — Labafido fprad) iiber
den Unglauben und die Vergweiffung. Und immer mehr
legte fid) der wilde Sturm im Gemiithe des Ungliidliden,
je Tanger ex den Troftesworten Laujdjte. Der Glaube
an Gottes weife Vorfehung erwadjte wieder und vertrieb
die Bergweiflung feiner Seele; e3 ward allmilig Vict
und rubig in derfelben. Mit neuem Muthe verlieB er
endlid) die geweihte Stitte. Er hatte Troft gefunden
und wufte nun, “wo er ifn tiinftig gu fuden habe. —
Vor dem Thore feiner RKaferne ftand die Ordonnang :
,Selior Wachtmeifter,” meldete fie ihm, ,,der Hery Oberft
hat befohlen, Sie midten um fieben Uhr Whends fic
bet ihm einfinden.”
Carlos atte feine Beit 3u verlieren, 3 war fdon
halb fieben Uhr — er mufite dod) vorher jeine Uniform
wedfeln, Mit dem fiebenten Glodenfdjlage trat Carlos
pbder viclinefr Fernando Sierro, wie er jebt hieb, in’s
Vorzimmer de3 Oberfts.. Wahrend der Diener ihn anmel=
dete, bemerfte er mit Staunen gepactte Roffer und Da-
mentiidher erumliegen. Der Diener fehrte zuriice und
fiifrte ifn in das Studirzimmer de Oberfts, das mit
vieler Pracht gefdjmiict war, Wbermals Hffnete fic) eine
Xhiire, Carlos trat ein und ftand iiberrafdt in dem
Empfangsfalon feines Commandanten. Gammtlide Raz
pittine beS Regiments fagen um einen Theetifa) herum
und neber dem Oberften erblictte er eine lieblide Mad-
hengeftalt von faum jedjszehn Jahren. Carlos war ver=
witrt, Nod) verlegener wurde er, als der Oberft fagte:
wDier ftelle id) Shnen, lieber Fernando, meine eingige
Hreude und mein ganzeS LebenSgliicl vor, ¢3 ift meine
Todjter Leonitta; und hier, liebe Leonitta, ftelle id) Dir
unfern neuen RegimentSadjutanten, GSefior Lieutenant
Hernando Sierro vor, dod) muft Du ihm fein Diplom
felbft. iibergeben.“
Purpurrdthe iWberzog das chine Gefidht des Mad-
hens, dod) ohne. Biereret ftand Leonitta auf und tiber-
reichte dem wie cine Marmorftatue daftehenden Carlos das
Lieutenantspatent. Die Kapitiine dviingten fic) um Carlos
und jdjiittelten ifm die Hand. War das Wiles nur ein
Traum 2
3 war nur ein Traum, fagte fic) Carlos, als ex
ich nad) Mitternadht fcjlaflos in feinent Bette. befand;
und dod) jenes anmuthige Maddenbild mit dem Tieb=
Tien Ladheln, e8 ftand jo deutlid), fo Yebendig vor
feinem geiftigen Wuge — er fonnte ja nicht getraumt haben!
Kinftes Rapitel.
Der new ernannte RegimentSadjutant, Lteutenant Fer=
nando Gierro, wie wir nun Carlos nennen wollen, fam
tigli&h in da8 Haus feines Oberfts und bemerfte-bald,
dak ein reider Englinder, Thompfon, cbenfo oft fam und
al Brautigam Leonitta’s betracjtet wurde. Cin tiefes
Weh bemichtigte fic) bei diefer Bemerfung de3 jungen
Offisiers, aber ev bejdhloh, die Wunde feines Herzens
forgfaltig 4u verheimliden und da8 Haus de3 Oberfts
miglihft 3u vermeiden, indem er feine BerufSarbeiten,
wo e8 nur anging, in feiner eigenen Wohnung erledigte.
MIS ex eines Tages wieder dorthin fam, fand er
Leonitta allein.
Wie fommt 8, Sellor Sierro, dak wir Sie jest
feltener fehen alS fonjt?” fragte fie errithend; ,,id) hoffe,
tweder mein Vater, noc) id) haben etwas gethan, da8
Gie verleben fonnte.”
yD nein, gewif nidt, Sefloritta,” entgegnete er,
nie Tommen Sie auf den Gedanfen? Wie fSnnten
Diejenigen, die mid) mit Wohlthaten iiberhiufen, die ic
fo ungemein adjte, mic) beleidigen? Wenn id) wahrend
der Iebten Tage Shr Haus feltener bejudjte, gefdah 8
nur, weil — weil — ich fer befdhaftigt war und id
Sie iibrigens aud) in angenehmerer Gefellfdjaft. wupte.”
Wire id) eine Sdhmeidjlerin, CSeflor, icy twiirde
fagen, da8 fei unmiglic). Mein Vater hat, wie id
jebt merfe, Bhnen in der Freude feines Herzen3 gefagt,
dak Thompfon glaube, cine Neigung flix mid) yu em=
pfinden, und Sie meinen nun Bhrerfeits, dap ic) ifn
liebe,“ ,
yUllerdings ,” erwiederte Fernando in gripter Ver=
Yegenheit,
So glaubt mein Vater,” antwortete die Todjter des
Oberfts. ,Thompfon aber hat mit mir itber diefe Gadje-
nod) nie ernfthaft gefprodjen. Da wir jedod) einmal auf
Diejes Thema zu fprecjen fommen; — was halten Sie
von Herrn Thompjon? Mein Vater jet fo grofes Ber=
trauen in Shr Urtheil, dab Sie e8 gang natiirlid) finden
werden, wenn auch feine Todjter Sie cinmal um Yhre
Meinung befragt 2”
Sh bin ftoly auf Shr Bertrauen, Sefioritta,” —
verfebte er, nidjt ohne einen merflidjen Wnflug innerer
Uufregung — ,und is nehme feinen Anftand, Sie zu
berfidern, daf} er mir in jeder Hinfidjt geeignet fdjeint,
Sie gliiclid) 3u machen.”
Und darf id} fragen, was Sie die3 dermuthen Lapt?*
fragte Veonitta ervithend. .
, Here Khompjon,” erwiederte der junge Lieutenant,
yhat ein angenchmes Wufere, befist ein grofes Cinfom-