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feu!
Der Wfarrer von San Wartin.
Hiftorifhe ErytHlung von Julius Wicsny *).
Das Geferht.
Da driben die Trompete
Nuft mit befanntem Ton
Zum froninten Nadhtgebete
Die lagernde Schwadron.
Der Sterne Schaar fo beiter
Vom Earen Himmel lat,
Doh flr manch’ braven Reiter
Wird’s bald wohl tiefe Nat.
¢ Wir Lagen im Stadtden Santa Fé,
weldjes fiinf oder fedj3 Meilen von San Martin entfernt
ijt. Das Leben und Treiben eines Offigiers von der
Cavatlerie ift fo. giemlid) in allen Welttheilen gleich.
Morgens Exergiren und Reitfcjule; Mittagelfen beim
Regimentgcommandanten oder in einer Kneipe; AUhends
cine Parthie Whift oder Taro und eine Borwl Punjdh.
Sn unferem Stadthen war- fein eingiges Haus, in wel-
Gem man Butritt hatte haben. fonnen; wir Offiziere
befucjten einander und faben fajt Niemand, dex nidjt die
Uffanenuniform trug. Dod) gebirte ju unfermt Rreije
cin Givilijt, ein Mann von ungefiije 40 Jahren, Cr
war ein Frangofe und iibte durd) feinen gewshnlid) mitr-
rifen Charatter, durc) Starrfinn und fdharfe Bunge
bedeutenden Cinjlus anf unfere jugendfidjen Gemiither.
Hberhaupt fehwebte um ihn ein geheimnifvolles Duntel;
fein Name war Lamier. :
Gr hatte unter Santa Anna als Rittmeifter gedient,
nam aber jest feine Dienfte het unjern sfterreicjifd)-
merifanifden Truppenr — man wufte nidt; aus welder
Urfade — und hatte fic) feit vier Jahren, alfo vor
unjerm Ginmarfd) in Mexifo, in dem traurigen Stidt-
den Santa Fé niedergelafen, wo ev in einem abgetra-
genen blauen Offigiersroct immer zu Fuse ging und fite
alle Offijieve unferes Regiments offenen Tijd) Hielt.
Geine Diners beftanden freilic) nur aus ztwet oder drei
von einem abgedantten Goldaten jubereiteten Speifen,
aber der Wein wurde dabei nicht gefdont, Obgleich
wohl Mander von un gern etwas Naheres iiber feinen
Stand und iiber feine Cinfiinfte erfahren Hatte, fo wagte
dod) Niemand, ihn darnacd) 3u fragen. Seine fleine
Hibliothel beftand griftentheils aus militarifden Werfer
und aus wenigen Romane, Yedem, der e3 verlangte,
lieh er Biidher,
Seine Lieblingsbefdaftiqung bejtand im Piftolen-
hiefer. Cine vorgiiglide Pijtolenfammlung war denn
aud) der einzige Qurus deS unanfehnliden Hausdens,
worin ev wohute, Seine Gefchiclicffeit, die Piftole zu
Handhaben, war unglaublic) und oft fob ex drei= bi8
viermal rafd) hintereinander auf ein und denfelben Puntt.
Jn unferer Gefellfaaft wurde oft von Duellen gefproden;
Lamier mifehte fic) nie in diefes Gefprid). Wenn man
ifn fragte, ob er jemalS Duelle gehabt, fo war die ganz
*) We Perfonernts und Ortsnamen find wahrbei ;
t | rrbhett3getreu
ehenjo die Schitderungen ber Gefecste, im denen ber Hert
Berfaffer perfsntich mitgefimypft hat, Der PFarrer von Gar
trodene Untwort: Ya mebrere!” wobei man ihm anjab,
dak ihn dergleidjen Gefpride und Fragen unangenehm
beriihrten. Wir waren iibergzeugt, dah ixgend ein ungliid
Liche3 Opfer feiner fcpreciliden Kunft fein Gerwiffen be-
lafte, Gprac) man von Politif, fo fagte ex ganz fur:
,Das find Anfidjter, mix ift 8 gleid, id glaube, die
befte Politif befteht in dem fchinen Sage: Gebet Gott,
was Gottes ijt, und dem Kafer, was ded Kaifers iff."
Damit brad er da3 Gefprid) ab.
Gines Abends fah id) mit ihm am Fenfter jeines
einfamen Gemadjes. —Xheilnahmslos verfolgte. fein Auge
a8 Durdjeinanderfefwirren der ungiihligen Lendhtfiifer
in dem Dunkel dev Brweige fAlanter Erythrinen; faum
Beadtete er die Kagetine eines gesdhmien Wife, mit
weldjem fid) cine SdHhaar Soldaten am Eingange de3
Haujes fajon Vangere Beit beluftigte. Der Uffe lob
endlid) auf da3 Dad) de3 Haujes. MNadhdem die Sol-
Daten vergebens ihn wieder Herabzuloden gefudjt Hatten,
Begannen fie Steine, die fajt iber unfere Popfe flogen, nad)
ihm gu werfen. Gest rief ihnen aber Lamier ein barfdjes:
Silencio! (Rube) hinunter. Fortan Hirte man nur den
Tritt der Schildwadhe, welde unter der- Veranda auf-
und abging, oder eingelne Rufe dev fid) ablifenden Poften.
Lange. modjten wir fo in diefem Hinbriiten verfunten
gejefien fein; ich triiumte von meiner Heimath — wo
dadte Lamier Hin? Gott mag e8 wiffen. Auf einmal
Bffnete fic) die Xhiive und fporenflirrend trat unjer Ree
gimentgadjutant cin. Miirvije) warf ev feine Miike auf
den Tifdh.
»HV8 der Henker!" rief er grimmig, indem_ ex
jich auf Lamier’s Sopha warf. Sd) behaupte, dah
wir fort und fort verfauft und berrathen werden; “tie
wire ¢8 miglid), dafs dicfe Canaillen von Liberalen Gan
Martin genommen Hitten, wo doc) -ein Halbes Regi
ment faiferlider Sndianer ftationirt war!”
Lamier fprang auf wie ein angefdoffence Ldwe:
,San Martin von den Liberalen genommen 2?” rief et.
yda wohl,” fagte unfer Wojutant, ,,und wenn id)
mid) nidjt tinfdje, fo werden wir bei Zeiten Morgett
unjer Grithftiid, ftatt in der Kneipe yu Santa Fe,
wahrideintic) in Gan Martin nehmen. Einige vor
uns — id) bin’s feft iiberzeugt — werden ihe Leste?
Sriihftiid befonmen !”
Wie! werden Shre Truppen Heute aufbredjen, um
San Martin zu entjeken?” fragte Lamier rafdh.
Sd darf nit aus der Saute fehwagen,” — fagte
der Adjutant, feinen langen Sdnurrbart ftreidjend, ,aber |
id) glaube.” — —
/ Meine Hern! Wer Gorgt mix ein Pjerd — wet
verfauft mir cing? Dieje Expedition muss id) mitmar
hen,” rief Lamier und gitterte vor Mufregung. S°
hatte id) ihn nod) nie gefehen. .
/Rieber Freund,” fagte ich, ,c3 fiche bet mix veer
Pferde im Stall; wenn wir wirklic) ausriicfen —
Pjerd ift gu Shrer BVerfiigung.”
Martin, Pater Johan, Lebte now, als der Verfaffer 6
get Jahren Merifo verlieg. se
: Die Rebactiort