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Se
ja gu gro fiir jeden Trot, aber jeine Hellen freundti-
hen Augen Blictten voll innigfter Theilnahme auf den
alten - Freund.
Da Hffnete fic) xafeh die Thire und Hereintrat fpo-
renflirrend Wlfred, Mit rajdem Brick lberfdjaute er die
GSjene, dann ftand er einen Moment wie erftarrt an
der Thiire und wollte uméehren. ber fdon hatte der
Breiherr das Xuge erhoben und Tie e8 mit durdjboh-
rendem Blid auf feinem Sohne haften,
wRritt Her und fieh! Du Haft einen Engel morden
Helfen. Gio mix diefe Blume wieder, wenn Du e8 vere
magit; fie ijt Deinetwegen geweltt!”
Wired war naher getreten. Sein Gefidht scigte mehr
Mipmuth, als Theilnahme, weil, wie er jah, jebt wenig
Hoffnung da war, feinen Bater fiir fich gu ftimmen.
©3 entftand cine Yonge Paufe.
offred, wenn Du in deinen gewihnliden Mngele-
genbeiten fommft oder in ahuligen, fo hajt Du bereits
mein Iebtes Wort gehirt. Und ich werde eS alten.
Was fan mir an einem ungerathenen Sohne gelegen
jein, feit mix der Himmel die Liebjte Tod}ter qenommen !“
Die Stimme de Freiherrn fang eifig und feft.
Alfred ftand noc) immer ftumm. Gr fal ein, dap er
von jetnem Bater midt3 exlangen und Hadhftens cine
tiefernfte Szene Herbeifiifren fSnne. Um Verftellung ju
ibe oder irgendwie gu Heudeln, war ev ju ftoly und
wohl aud) gu offen — ex wandte ich ftumm ab und
verlieS das Gemad.
Der Freiherr jah ihm mit cinem Brice nad, in
weldjem cin gebrodenes Vaterhers mit all feinen Weber
jit) fpiegelte, und murmelte: Sekt Hat der Ban den
Tebten QUft verloren, wenn nur unjer Herrgott mit cinem
qnadigen Blikftrahl fame!”
/ Da legte jid) fanft die Hand des Freundes auf dic
jeine: ,,Set getrojft, Wdolf, Heute wird Dir und Wien
tin anderes Pind geboren, Chrijtus, unjer Herr. Wn
Shun rante Did) an mit pollem Herzen --- Er wird Did)
tigen jederjeit. Cr hat Dir deine Kinder gegeben, Er
Hat fie genommen, fein Name fei gepricfen!”
Sein Name fei gepriejen!” fprach leife der Freiherr nach.
Sudefs war Alfred in finfterm Grimm den Sehlope
Hiigel hinabgefprengt. Qn ihm ftand 3 feft, ex wollte
Die Hiidin Heirathen, trosdem er wufte, day der Brud)
mit feinem Bater ein unvermeidlidjer und jeprectliger wer-
den -mufte, wenn ev e& erfahren wwiirde. Wllein hatte
ce nidt jojon mit feinem Bater gebroden? War dic
Yeutige furze und doch inhaltreidhe Szene nicht Beweis
genug, dag fein Vater nichts mehr von ihm wiffen wolle 2
Die Enterbung, wupte ev, war die niidfte Folge Diefes
Brudes und wobhin das Bermbgen feines Vater einft
gehen wiirde, hatte er in feinem firdenfeindliden Sinne
bald Herausgeflitget. Dod) lag ihm fiir jet am Gerlde
wenig, da die Heivath mit Miriam ihn eine reide Mit-
gift und die Ausfidht, cinft den alten Quden gu beer-
bet, evtvarten Lief.
St folden Gedanken hatte er fic) dem hore ge-
nihert, welded in den Garten fiihrte, dev Stift Reinaw
an dev Ofjeite umgab. Da fauerte an dem hore dev
Biwdfinnige, den ev einft zum Gegenftande feiner wilden
Sagd gemadjt hatte, Jn jeiner Heutigen Mipftimmung
modjte ihn da& wie gemdhnlid) vergzerrte Gefidht des Wr-
men. wieder erbittert Haber, denn er hob wie damals
Gegen ihn die Reitgerte, Der Blddfinnige Hatte fic) mit
cinent feheuen Suc erhober und flo) pon feinem Dring
ger, welder in blindem Sngrimm ihm nadfeste und iyi
beinabe erveidht atte, als ein finger finer Pricfter
arvifden ihn und fein Opfer trat, an weldjen der Bisd-
finnige fid) vertranungsvoll und bittend anfdjmiegte,
wSerr Baron,“ fprad) dev Priefter, what Shnen der
arme Menfd) Etwas ju Lcide gethan, dah Sie ihn gleid)
cinem Wild heen 2”
oS bin Niemandem iiber meine Handlungen. Nee
Henjdaft fdyuldig, am wenigften einem Pfaffen!”
vDie Habe id) and) nidft von Ohuen gefordert,” —
entgegnete fanft aber feft der junge Priefter, deffen Wane
gen fic) vor Unvillen ritheten — , allein id) erlaube mir
Dennod) gu bemerfen, dag Sie fich nicht anf S§rem,
fondern auf dem Territorium dea Stiftes Reinau befin-
den, und id) alfo wohl ein teins Recht Habe, wenn
id) Sie bitte, den Ungliieélidjen friedlic) gehen 3u laffen.”
v Der Menfdh eft ein Monfirum und mug wegen
feiner Hiplichteit gesiichtigt werden, wenn er ¢3 aud)
nit nod) nad) ciner andern Seite verdiente; fefen Sie
Doc) das underfchimte fdhadenfrobe Gefidt.” —
Der Blddfinnige Hatte chen Hinter dem Niien fei=
nes Befdiikers Hervorge[paht, alg faujend die Reitgerte
niederfuhe — und die weige Stirn deg jungen Priefters
einen blutrothen Striemen geigte; der edfe Mann - war
raj) vorgefprungen und hatte den Sahlag aufgefangen.
Cinen Augenblice ftand dev Freiherr wie erjtarrt,
Dann warf cr rajd) ohne ein Wort der Cntjhuldigung
fein Pferd Herum and jagte nad der Mefiden3. —
3 war Nacht geworden und dic feierliche Chrift=
mefje im Stiftsdome fatte begonnen. Der greife Bralat
Erhard jelebrirte das Sodjamt. Pauten und Trompeten
verfiindeten vom Chore Herab die Freude der Chrijtenz
Heit Hinaus in die fternenhelle Nadjt. Dann flang: ¢3
wieder Vieblid) und frohlodend, wie der Subelgejang der
Cugel, die den Dreimatheiligen begriifen, der in diejer
Nacht auf die falte, fluchbeladene Erde ftieg, um Wdams
Giindenfejuld zu tilgen; bald tinte e& wieder fo gagend
und traulid) im innigften Udagio, wie dex Gruk der
Hirten auf VBethlehems Hihen:
Nun fohwieg Wes in den Hohlen Haller, denn das
Wunder der VBerwandlung hatte alle Knee gebeugt und
alle Haupter gencigt — da flammte ploblich ein grelf-
rother Saein auf und guckte hin durd) die Rirde: durg
die Hohen Bogenfenfter ftrablte 3 Herein fo fdyaurig und
cntjeblid), da das Bolf larmend fic) hinausdriingte,
um nad) der Urjache diefer furdjtharen Storung yu feben.
Die Wirthfehaftsgebiude des Stiftes ftanden in Flame
men. Bald tinte die Feuerglode, Sprigen raffelten,
das Getdfe wurde immee arger, das Glas fprang in
den gothifden RKirdhenfenftern — aber ruhig, wie eine
Hehre Gejtalt dev Borgeit, ftand der greife Pralat am
Hodjaltare, ohne in feiner Heiligen Funttion fic) ftiren
gu lafjen. Mit figerer Harer Stimme intonirte ev: ,,Per
omnia secula seculorum,‘* —
Ginen Moment war 8 ftille, dann refpondirte cine
fonore Bafftinume: ,,Amen !** —
CS war die deS Freiherrn; welder alicin nod in
der Mire der jeierlidjen Handlung beiwohnte und fiir’
feine beiden Stinber betete, fiir die Berftorbene und fiir
Det verlornen Sohn.
Mit gemeffencr Stimme fang der Pralat das ,,Pater
noster** und nad) dem ,,Et ne nos inducas in ten-
tationem** fiel der Freiherr mit cinem fréftigen ,,Sed
libera nos a malo!** ein,